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Kirsten Pedd, Head of Public Affairs, EOS Group

Rückblick auf 30 Jahre Inkasso: „Die Branche ist viel transparenter geworden

Kirsten Pedd, Ehrenpräsidentin des Bundesverbands Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) und langjährige Head of Public Affairs der EOS Gruppe, geht in den Ruhestand. Zeit für einen Rückblick auf fast 30 Jahre in der Inkassobranche.

Kirsten, du hast 1997 bei EOS angefangen. Wie hat sich die Inkassobranche seitdem verändert?

Zum einen hat das Geschäftsfeld Forderungskauf deutlich an Bedeutung gewonnen. Nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen der Finanzkrise 2008 hat die Politik den Rahmen für einen funktionierenden Kreditzweitmarkt geschaffen. Indem Banken notleidende Forderungen an Unternehmen wie EOS verkaufen, stellen sie sich krisenfester auf. Zum anderen hat sich das Inkassogeschäft technisch weiterentwickelt. Während zu meiner Anfangszeit dicke Aktenordner tägliche Begleiter bei der Bearbeitung von Forderungsfällen waren, ist heute alles viel digitaler. Zum Beispiel geben smarte IT-Systeme auf Basis von Datenanalysen Empfehlungen ab, auf welchem Kommunikationsweg säumige Kunden statistisch am besten erreicht werden können. Und auf den Inkassoschreiben finden sich QR-Codes, über die Verbraucher auf Serviceportale kommen, wo sie ihre Forderungen im Self-Service online bezahlen können. Die größte Veränderung sehe ich aber woanders.

Wo denn?

Die Branche ist aus meiner Sicht viel transparenter geworden. EOS und andere Unternehmen kommunizieren stärker mit der Öffentlichkeit als früher und zeigen, wie Inkasso in der Praxis funktioniert. Viele Vorurteile, die häufig durch Unwissenheit entstanden sind, konnten so abgebaut werden. Das habe ich auch im Austausch mit Politikerinnen und Politikern immer wieder gemerkt: Reden und Erklären hilft, um ein gegenseitiges Verständnis zu schaffen. Schließlich ist Inkasso essenziell für einen funktionierenden Wirtschaftskreislauf.

Welche regulatorischen Veränderungen haben die Branche in den letzten Jahren besonders geprägt?

Die Inkassobranche gehört zu den am stärksten regulierten Branchen in Deutschland. Mit dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken und einer verschärften Inkassoregulierung hat die Politik ihr einen noch engeren Rahmen gesetzt. Mein Eindruck ist, dass hier teilweise alle Unternehmen für das Fehlverhalten einzelner „schwarzer Schafe“ in Sippenhaft genommen wurden und von Einzelfällen auf die gesamte Branche geschlossen wurde. Etwas Vergleichbares kenne ich aus anderen Branchen nicht. Aber es gab auch einige positive Entwicklungen: Beispielsweise die Zentralisierung der Inkassoaufsicht beim Bundesamt der Justiz, die EOS und der BDIU lange gefordert hatten. Sie sorgt für eine einheitliche Rechtsauslegung und stärkt alle seriösen Inkassoanbieter.
Kirsten Pedd, Head of Public Affairs, EOS Group

Reden und Erklären hilft, um ein gegenseitiges Verständnis zu schaffen.

Kirsten Pedd
Head of Public Affairs, EOS Group

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat EOS in einem wegweisenden Urteil zum sogenannten „Konzerninkasso“ vor kurzem Recht gegeben. Wie blickst du auf die Entscheidung?

Ich bin erleichtert, dass der BGH die Klage der Verbraucherschützer abgewiesen und ein Urteil gesprochen hat, das an Klarheit nicht zu überbieten ist. Wie das Gericht bestätigt hat, ist es unerheblich, welches Inkassounternehmen ein Gläubiger mit dem Forderungseinzug beauftragt: Auch bei konzernverbundenen Unternehmen darf die Inkassovergütung gegenüber dem säumigen Kunden geltend gemacht werden. Diese Rechtsauffassung haben wir immer vertreten und ich freue mich, dass der BGH sie teilt. Das Urteil hat Rechtssicherheit für die Branche geschaffen und eine jahrelange Diskussion beendet.

Du hast dich 16 Jahre im Präsidium des Bundesverbands der Deutschen Inkasso-Unternehmen (BDIU) engagiert, davon acht Jahre als Präsidentin. Was waren die größten Herausforderungen und Erfolge während deiner Amtszeit?

Die größte Herausforderung und gleichzeitig auch der größte Erfolg war sicherlich die einstimmige Verabschiedung des Code of Conduct. Er gilt seit 2021 verpflichtend für alle BDIU-Mitglieder. Was mich besonders stolz macht: der Code ist kein „Onepager“, sondern ein ausführliches Regelwerk, das den gesamten Lebenszyklus einer Forderung nachzeichnet. Er wurde auch von den Medien und der Politik positiv aufgenommen und stellt einen echten Meilenstein für unsere Branche dar.

Lass uns nach vorne schauen: Was wünschst du der Inkassobranche für die Zukunft?

Die Inkassobranche ist ein wichtiger Teil der Wirtschaft und ich wünsche mir, dass sie das weiterhin deutlich macht. Zudem wünsche ich mir einen fairen und wertschätzenden Umgang mit säumigen Verbrauchern, wie ihn der Code of Conduct vorschreibt. Natürlich müssen Inkassounternehmen die Interessen ihrer Auftraggeber vertreten. Aber letztlich geht es immer um einen fairen Interessenausgleich, damit ein Forderungsfall erfolgreich abgeschlossen werden kann.

Nach fast 30 Jahren in der Branche gehst du nun in den wohlverdienten Ruhestand. Was hast du dir für den neuen Lebensabschnitt vorgenommen?

Ich lasse den neuen Lebensabschnitt entspannt auf mich zukommen und bin neugierig auf das, was da kommt. Erstmal freue ich mich darauf, die kommenden Monate ohne genaue Pläne anzugehen und zu schauen, für welche neuen Themen ich mich begeistern kann. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, kann ich mir gut vorstellen, mich ehrenamtlich zu engagieren und der Gesellschaft etwas zurückzugeben.

Alles Gute und Danke für das Gespräch, Kirsten!

Bildnachweis: EOS