Wie wertvoll sind Daten für Unternehmen?

Welches Innovationspotenzial steckt in Daten? Welche Chancen und Handlungsfelder eröffnen sie Unternehmen? Antworten soll die neue Datenstrategie von EOS liefern: In einem aufwendigen Prozess wird der Wert jedes Datensatzes ermittelt und für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sichtbar gemacht.

  • EOS möchte mit Hilfe eines neuen Managementsystems Informationen einen Geldwert zuweisen.
  • Die Strategie zielt auf die effiziente und rechtskonforme Nutzung von Daten ab. 
  • Ein Data Dictionary soll das Geschäft von EOS skalierbarer machen und mehr Transparenz in die Datenströme des Unternehmens bringen.

Daten sind das neue Öl – das ist inzwischen schon ein Allgemeinplatz. Ebenso überstrapaziert: der Claim, ein „datengetriebenes“ Unternehmen zu sein. Schnell dahingesagt – aber schwer zu definieren und mit Leben zu erfüllen. Die Otto Group, zu der auch EOS gehört, hat dafür eine eigene Business-Intelligence-Einheit aufgebaut. Aber was genau den Wert von Daten ausmacht, das muss jedes Unternehmen für sich selbst beantworten.

„Daten sind das Wichtigste, was wir haben, und wir benutzen sie jeden Tag“, sagt Sebastian Klauke, im Otto-Vorstand für die Themen E-Commerce, Technologie, Business Intelligence und Corporate Ventures zuständig. „Sie sind für einen E-Commerce-Konzern wie die Otto Group tatsächlich wie Treibstoff.“

Wobei das keine reine Metapher ist: Die Otto Group braucht diesen Treibstoff, um in der neuen Welt des Multi-Channel-Einzelhandels zu bestehen. „Der Kunde will ein großes Angebot und schnelle und verlässliche Lieferzeiten“, sagt Klauke. „Das schaffen wir nur mit Daten.“

Zitatgeber Sebastian Klauke ist CDO der Otto Group.
Für einen E-Commerce-Konzern sind Daten tatsächlich wie Treibstoff.
Sebastian Klauke, CDO der Otto Group

Welchen Wert hat eine Handynummer?

Bei EOS wird das Treibstoff-Bild noch weitergedacht – in einer neuen Datenstrategie. Die Grundidee: „Wenn Daten, wie Öl, etwas wert sind, dann müsste man ihnen doch, wie Öl, einen Wert in Euro zuschreiben können“, sagt Henning Stolze vom Data Governance Office, EOS Deutscher Inkasso-Dienst. „Mit diesem Gedanken hat EOS angefangen, analytisch den Wert seiner wichtigsten Daten in Euro zu ermitteln und auf diesen konkreten Kennzahlen ein neues Managementsystem aufzubauen.“

Die Idee entstand in einer Reihe von Führungskräfte-Workshops zum Umgang mit Daten bei EOS. „Wir wollten mehr als ein Bekenntnis dazu, dass wir ein ‚datengetriebenes Unternehmen‘ sind“, sagt Stolze. „Wir wollten konkrete Maßnahmen entwickeln.“ Maßnahmen, die für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erlebbar machen, welche Bedeutung die Daten haben, mit denen sie arbeiten.

Allerdings stellte sich heraus, dass der Wert von Öl einfacher zu bestimmen ist als der von Daten in einem Inkassounternehmen. „Nehmen wir die Mobilfunknummer eines säumigen Zahlers“, sagt Stolze. „Schon bei diesem einfachen Datenpunkt gibt es drei Blickwinkel: Wir haben für diese Nummer einen Ermittlungsdienstleister bezahlt. Wir haben laufende Kosten für die Datenpflege. Und hinter dieser Telefonnummer steht außerdem der Wert einer ausstehenden Forderung.“

Mehr Skalierbarkeit, weniger Herrschaftswissen.

Diese Blickwinkel zusammenzuführen ist für Stolze essenziell; denn das führt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Augen, dass ein für sie eher unwichtiges Datenelement für andere Abteilungen wertvoll sein kann. „Das ist eine tragende Säule unserer Strategie: Wenn ich weiß, dass etwas einen Wert hat, gehe ich damit vorsichtiger um, schütze es besser. Diese Einstellung zu Daten wird die Unternehmenskultur ändern.“ Die Datenstrategie soll Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf allen Ebenen und in allen Bereichen nicht nur vor Augen führen, was ihre Daten wert sind – sondern auch, wie sie effizient und rechtskonform damit umgehen können. Denn was viel wert ist, muss auch gut vor Angriffen geschützt werden. „Wir wollen neben dem Prozessdenken immer auch das Datenelement im Fokus haben“, sagt Stolzes Kollege Jens Koch-Bodes: Mithilfe der neuen Strategie kann EOS sein Geschäft skalieren, ohne dass Silos, Insellösungen, Altlasten oder Herrschaftswissen die Prozesse ausbremsen.
Wert von Daten: Eine Gruppe von Menschen steht vor Monitoren und wertet Daten aus.

Eine langfristige Strategie.

Zentrales Hilfsmittel hierfür ist das Data Dictionary, ein unternehmensweites Verzeichnis, das für jede Art von Information transparent macht, welchen Wert dieser Datenpunkt hat und welche Abteilungen für ihn verantwortlich sind. Alle Datenströme sollen durch das ganze Unternehmen verfolgt werden können, sagt Stolze: „Sie sehen auf einen Blick, wie Daten des operativen Systems in der Callcenter-Steuerung genutzt werden und schließlich mit anderen Daten zu einer Kennzahl im Standard Reporting verdichtet werden.“ Aber das Data Governance Office denkt noch weiter: Vielleicht sehen Mitarbeiter in drei Jahren in der Inkassosoftware laufend angezeigte Werte für die Daten, mit denen sie gerade arbeiten. Oder es gibt für das Unternehmen neben eher kurzfristigen Ertragszahlen auch Kennzahlen für die längerfristige Entwicklung des Gesamtwerts aller Daten. „Das erlaubt die Unternehmenssteuerung auf eine neue, viel längere Sicht“, sagt Stolze.

Das passt zur Sichtweise der Otto Group. Es gehe grundsätzlich weder dem Konzern noch EOS um kurzfristige Gewinnmaximierung, sagt Klauke: „Wir wollen nachhaltigen Erfolg, ohne dafür unser Wertegerüst verlassen zu müssen.“
Photo credits: SolStock/Getty Images, Hero Images/Getty Images, Otto-Pressebild